Donnerstag, 22. Dezember 2011

Season's Greetings

Gleißend durchflutet die Nachmittagssonne unser Wohnzimmer, die Katze hat sich in den Schatten geflüchtet, und ich schreibe einen Post über Weihnachten. Der Dezember in Kalifornien hat definitiv schizophrene Züge. Bei Tageslicht genießt man das herbstliche Wetter, die frische Luft, die angenehm wärmende Sonne, hier und da verlieren ein paar Bäume ihre Blätter und fragt sich: War da nicht noch was? Doch sobald die Sonne untergegangen ist, leuchtet und blinkt sich Weihnachten mit aller Macht in die Erinnerung zurück: Unmengen von Lichterketten, Santa-Figuren und Schneemänner im Vorgarten sowie Rentierschlitten auf Dächern. Das kannten wir bereits aus amerikanischen Filmen und Serien, aber es wirkt natürlich noch eindrücklicher, wenn man selbst vor so einem blinkenden Lichtermeer steht. Darum sind Bela und ich die Tage auf Fotojagd gegangen.

Weihnachtsdeko in Santa Barbara

Das hätten wir auch einfacher haben können, habe ich gerade festgestellt. In Santa Barbara gibt es einen Nostalgie-Trolleybus für Touristen, der in der Weihnachtszeit eine besondere Rundfahrt des "Trolley of Lights" anbietet. So wird dafür geworben:
"OK, so Santa Barbara goes a little crazy with the Christmas lights... but they are so beautiful! Take a 90 minute trip in a trolley around Santa Barbara and see the sights and Holiday lights! You have to see it to believe it!"
Apropos Tourismus und Weihnachten. Als ich neulich online auf der Suche nach einem Poster von der topografischen Karte des Golden State war, fiel mir auf, dass es relativ viele alte Postkarten mit Season's Greetings aus Santa Barbara gibt. Mein Lieblingsmotiv ist die Frau am Strand im Schatten eines Weihnachtsbaumsonnenschirms.
Typisch kalifornisch sind auch die Weihnachtssurfer, und recht häufig ist der  weihnachtliche Rahmen um eine Sehenswürdigkeit. Eine kurze Recherche hat ergeben, dass die meisten dieser alten Weihnachtspostkarten mit Grüßen aus Santa Barbara gedruckt wurden. Sogar der sonst ungeschlagene Postkartenspitzenreiter San Francisco hat nur halb so viele. Da fragt es sich, ob Santa Barbara damals einen besonders cleveren Tourismusbeauftragten hatte, der als Erster das Weihnachtsgeschäft erkannt und gezielt kältegeplagte Ostküstenamerikaner angelockt hat. Die haben dann wohl eher nicht von weißer Weihnacht geträumt. 

Euch allen ein frohes Fest, ob weiß oder nicht!

Dienstag, 15. November 2011

Radfahren & Wandern um Santa Barbara

Ich bin ja leider mountainbikesüchtig im fortgeschrittenen Stadium, überraschenderweise jedoch gar nicht zum Leidwesen von Kristina, dazu später mehr. Trails gibt es hier in der Gegend endlos viele, wobei das alles etwas anders funktioniert als bei uns. In Deutschland oder der Schweiz sind ja alle bewaldeten Gebiete durch Wegenetze, bestehend aus Forstwegen und evtl. noch kleineren Wegen für Wanderer, Reiter, und Radfahrer, erschlossen. Man kann sich also üblicherweise zwei Punkte auf der Karte suchen und dann dazwischen viele verschiedene Routen fahren, man muss abbiegen, darf den Abzweig nicht verpassen und so weiter.
Hier ist das alles anders. Zum einen gibt es hier das Front Country, also die dem Meer zugewandte Seite der Hügel direkt an Santa Barbara. Dieses ist geprägt durch diverse Canyons (Rattlesnake Canyon, Romero Canyon, Cold Springs Canyon etc.), durch die meist nur ein Trail nach oben führt. Alle diese Trails treffen dann oben auf den Camino Cielo, eine kleine Straße namens Himmelsweg, die die ganze Hügelkette entlangläuft. Fast die einzige Ausnahme ist Romero Canyon, wo eine kleine fire road mehr oder weniger parallel zum Trail hochführt. Solche fire roads (Zufahrtswege für die Feuerwehr, road heißt in diesem Fall Schotterpiste, also dirt road) gibt es hier oft, wohingegen Forstwege naturgemäß - mangels Forst - nicht existieren. Allerdings sind die fire roads viel seltener und oft weniger gepflegt als unsere Forstwege. Zudem ist gerade im Front Country viel Gelände privat und daher nicht zugänglich, oder die dirt roads werden von den Elektrizitätswerken benutzt (sogenannte Edison roads), um die Stromleitungen zu warten, in welchem Fall sie auch oft nicht zugänglich sind. Zum Wandern bleibt einem also fast nichts anderes übrig, als den gleichen Trail hoch- und wieder runterzulaufen. MTBer fahren oft mit dem Auto hoch und mit dem Rad runter - es gibt eine große Downhill-Szene in SB. Die meisten Trails sind sehr anspruchsvoll, und ich kann sie kaum runterfahren, ohne abzusteigen - geschweige denn hochfahren. Es bleiben also die Trails wie Romero Canyon, die man über eine fire road erreicht.

Romero Canyon - zwei typische Stellen:
Romero 1
Romero 2

Anders dann im backcountry. Direkt hinter Santa Barbara fängt der Los Padres National Forest an. National Forst ist eine Art Naturschutzgebiet, allerdings die am wenigsten regulierte Art. Innerhalb des National Forest liegen dann Wilderness Areas, welche schon stärker geschützt sind; hier sind natürlich keine Bauaktivitäten, aber auch keine mechanische Fahrzeuge (das schließt Fahrräder ein) zugelassen. Am stärksten geschützt sind dann natürlich National Parks. In diese Kategorie fallen in der Nähe nur die Channel Islands. Irgendwo dazwischen gibt es dann noch State Parks, welche mal mehr, mal weniger streng geschützt sind - zu diesen mehr in einem anderen Artikel.

Direkt bei uns liegt die San Rafael Wilderness, weiter östlich schließen sich die Dick Smith und Sespe Wilderness an. Wilderness ist in diesem Fall wirklich wild. Die Wanderwege sind sehr dünn gesät, so dass man wieder nur den gleichen Weg zurücklaufen kann - praktisch alle Rundwege würden mehr als einen Tag in Anspruch nehmen. Auch am Wochenende trifft man dort kaum einen Menschen auf den Wegen an - vermutlich stößt man eher auf einen Mountain Lion, einen Puma!

Auf dem Weg zum Hurricane Deck in der San Rafael Wilderness - mehr Bilder bei Flickr

Freitag, 4. November 2011

Essen und Amerika (Teil 1)

Gerüchteweise kann man ja in diesem Land nicht gut essen. Zumindest für Kalifornien stimmt das sicher nicht. Mit Einkaufsmöglichkeiten sind wir hier gut gesegnet: mit Wholefoods und Lazy Acres gibt es in Santa Barbara zwei große organic markets (Biosupermärkte). Beide haben leider gemein, dass sie wahnsinnig teuer sind und man nicht unbedingt alltäglich dort einkaufen gehen will. Dafür gibt es dann den Trader Joe's, eine zu Aldi gehörende Kette, die sich preislich und qualitativ irgendwo in der Mitte zwischen den Biosupermärkten und den Standardsupermärkten wie Ralphs oder Albertsons bewegt.
Was hier wohl als größter Unterschied ins Auge fällt, ist die Abteilung Obst und Gemüse: Es gibt natürlich viele Dinge ganzjährig, die bei uns nur saisonal sind oder sowieso immer aus der Ferne kommen, z. B. Erdbeeren, Avocados und Artischocken. Auch beispielsweise bei Tomaten und Süßkartoffeln findet man eine größere Auswahl – von den ganzen Gemüsen, die es beim Wholefoods gibt und die man noch nie vorher gesehen hat, einmal ganz abgesehen.
Man beachte die Größe im Vergleich zur Zitrone!
Dementsprechend ist Avocado in allen Zubereitungsformen jetzt unsere Standardvorspeise geworden. Vor einigen Wochen war in Carpinteria (einem "Vorort" von Santa Barbara) sogar ein Avocado-Festival – Musik und alles Essbare, das sich mit Avocados kombinieren lässt! Dort haben wir die obige Hass-Avocado gekauft – das ist eine bestimmte Sorte, die hier sehr beliebt ist. Zudem gibt es jetzt bei uns regelmäßig Erdbeeren, Brombeeren oder andere Beeren als Beigabe zu den morgendlichen Cornflakes. 

Von Straßennamen und Stinktieren

Gestern kurz vor Mitternacht waren wir noch mal vor der Tür und sind durch den Hof und den Vorgarten gestreift – auf der Suche nach unserer Katze. Dabei sind wir auf ein anderes Tier mit buschigem Schwanz gestoßen. Der weiße Streifen auf dem sonst schwarzen Rücken hat die Identifizierung leicht gemacht. Mein erstes Stinktier! Und zum Glück haben wir es nicht so sehr überrumpelt, dass es uns gleich auch noch eine Geruchsprobe verpasst hätte. Und was hat das jetzt mit Straßennamen zu tun? Nein, meines Wissens kommt in keinem Straßennamen von Santa Barbara ein skunk vor. Allerdings ist die Valerio Street nach einem Chumash-Indianer benannt, den der Geist des Stinktiers mit der Gabe der Unsichtbarkeit ausgestattet hatte, welche Valerio nutzte, um von den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben.
Valerio Street
Wie es mit ihm geendet hat, könnt ihr im Santa Barbara Independent nachlesen. Dort steht auch, dass die Valerio Street bis heute bei Stinktieren beliebt ist. Und wenn die Stinktiere Nachwuchs bekommen, erfüllt ihr Geruch die ganze Straße. Eventuell werde ich mich davon noch selbst überzeugen können. Valerio Street ist unsere Parallelstraße.

Donnerstag, 3. November 2011

Unser Prius

In Santa Barbara kann man zwar ohne Auto hinkommen, vor allem als Student, wenn man in Isla Vista wohnt und eigentlich nur mit dem Fahrrad zur UCSB und gelegentlich mit dem Bus in die Stadt will. Aber es sind einem trotzdem relativ enge Grenzen gesetzt – z. B. komme ich mit dem Bus abends nur sehr unregelmäßig von der Arbeit nach Hause, ich komme zu praktisch keinem MTB-Trail, und wenn man am Wochenende das Umland erkunden will, ist man ohne Auto sowieso verloren. Kurz gesagt, ohne Auto macht Santa Barbara dann doch nicht so viel Spaß.
Dementsprechend haben wir uns relativ schnell ein Auto gekauft – einen Toyota Prius. Im Rest von Amerika hält man den Prius wahrscheinlich nicht für ein richtiges Auto - aber hier in Santa Barbara liegen wir damit mitten im Trend.
Unser Prius
Und bisher sind wir mit unserem Kauf auch sehr zufrieden! Der Verbrauch liegt üblicherweise zwischen 45 und 50 miles per gallon, also zwischen 4,7 und 5,3 l/100 km. In Deutschland mag es Diesel geben, die mit weniger Technik einen ähnlichen Verbrauch erreichen, aber für hiesige Verhältnisse ist das wirklich gut! Dabei hat der Prius relativ viel Platz (z. B. kriege ich problemlos mein Fahrrad hinten rein) und ist sehr angenehm zu fahren. Einzig ein Fahrradständer ist schwierig zu montieren – ich will keinen aufs Dach, und so muss ich wohl oder übel eine Anhängerkupplung montieren lassen. Das ist relativ üblich, aber leider auch teuer...

Seems it never rains in Southern California

In meinem ersten Gastbeitrag möchte ich ein paar Dinge über den vielleicht auffälligsten Unterschied zwischen Zürich und Santa Barbara schreiben – das Wetter.
Ich bin jetzt seit gut zwei Monaten hier. In dieser Zeit hat es einen Vormittag geregnet! Ich vermute jedoch, dass das auch für hiesige Verhältnisse eine relativ lange Trockenzeit ist. Ähnlich wie in Zürich haben wir mehrmals pro Woche morgens Nebel, der allerdings meist lokal und nur eine dünne Schicht ist. Wenn man von der UCSB über die Autobahn in die Stadt fährt, kann es vorkommen, dass man im Nebel losfährt, zwischendurch in der Sonne ist und am Ende wieder im Nebel. Wenn man jedoch die Berge hochfährt, hört der Nebel meist sehr schnell auf. Selten bleibt es den ganzen Tag neblig oder bedeckt, aber auch das kommt natürlich vor.
Die Temperatur ist über die Zeit gesehen recht konstant, hängt aber stark davon ab, wie weit man vom Meer entfernt ist. Einige Grad Temperaturunterschied zwischen der UCSB (direkt am Meer) und unserer Wohnung (in der Stadt, einige Kilometer vom Meer) sind nicht unüblich. Und ist man erst mal hinter der ersten Hügelkette, wird es wirklich warm. Vor zwei Wochen haben wir eine Wanderung weiter im Inland gemacht, wo es gut und gerne an die 30 Grad warm war, während man hier an der Küste kaum in kurzer Hose herumlaufen konnte.

Ankommen in Santa Barbara

Ende September sind meine Katze Frida und ich mit Air Berlin von Düsseldorf nach Los Angeles geflogen. Als ich die Immigration passiert, alle Fingerabdrücke abgegeben und alle Fragen beantwortet hatte, konnte ich Frida in Empfang nehmen, die in ihrer geräumigen Transportbox per Aufzug zusammen mit zwei Hunden in die Gepäckausgabehalle gebracht worden war. Am Zoll habe ich dann brav das für die Reise mitgebrachte Trockenfutter abgegeben, da die Einfuhr tierischer Produkte in die USA nicht erlaubt ist. Und erst dann, als Bela uns am Ausgang begrüßt hat, fiel die Anspannung langsam von mir ab. Was für eine Reise!
Der letzte Abschnitt war dann fast schon entspannend. Auf dem Highway 1 (und später 101) ging es den Pazifik entlang Richtung Norden. Auf der zweistündigen Autofahrt war es dunkel und ich müde, aber einige Eindrücke waren stark genug, mich länger zu beschäftigen. Warum bauen die Amerikaner ihre Häuser direkt neben einen sechsspurigen Highway? Egal wie schön der Blick aufs Meer nach hinten auch sein mag, mir würde durch den Lärm und die Abgase sowie die Tatsache, dass ich vor meinem Haus nicht mal über die Straße gehen könnte und immer auf mein Auto angewiesen wär, die Freude daran gründlich verdorben.
In Santa Barbara angekommen, blieb dann gerade noch Kraft für das Versorgen der Katze und das Inspizieren der Wohnung (mehr dazu an anderer Stelle), bevor ich gegen 20 Uhr Ortszeit und 5 Uhr mitteleuropäischer Zeit ins Bett gefallen bin.

In den ersten Tagen in Santa Barbara habe ich begonnen, mir die Stadt touristisch zu erschließen, und fast zeitgleich kam bei mir das erste Mal die Frage auf, wann ich mir hier wohl nicht mehr als Tourist vorkommen würde – bei all dem Sonnenschein, den Palmen, dem Strand, der schönen Hauptstraße mit unzähligen Restaurants, Cafés und Geschäften. Aber schon die Alltagseinkäufe und die Probleme damit helfen beim Richtigankommen. Welcher Tourist sucht denn nach Putzlappen? Hier scheint es nur Schwämme zu geben. Ob Spongebob etwas damit zu tun hat?